Vision: Die in Buchs ansässigen Schulen aller Stufen nutzen ihre Möglichkeiten zu Reflexion und echter Weiterentwicklung, um Menschen bei der Erlangung von Zukunftsfähigkeit zu helfen. Das Ziel der Bildungsinstitutionen sind in erster Linie die Aufklärung und die ganzheitliche Entwicklung ihrer Abgängerinnen und Abgänger zu verantwortungsbewussten Menschen.

Auch wenn wir heute nicht im Detail wissen können, welche Fähigkeiten die Schülerinnen und Schüler von heute in ihrem Erwachsenenleben brauchen werden – die Schulen müssen sie darauf vorbereiten. Fähigkeiten, die trotz Digitalisierung auch in Zukunft von Menschen beherrscht werden müssen, sind sicher das Denken und die Kreativität, aber auch Fantasie, Selbständigkeit, Selbstbewusstsein und die für erfolgreiche Zusammenarbeit notwendigen sozialen Kompetenzen. Der Einsatz dieser Fähigkeiten wird aber nach wie vor solides Wissen und eingeübte Fertigkeiten benötigen. Weiter bedingt echte Zukunftsfähigkeit ein Verständnis für Ökologie und Ökonomie, letzteres wohl kaum im Sinne der gängigen Lehrbuchmeinungen, sowie all die für eine realistische Zukunft immens wichtigen handwerklichen Fertigkeiten wie ein Velo reparieren, einen Baum pflanzen, eine Jeans flicken und so weiter. Das alles muss in einer echten Bildung für nachhaltige Entwicklung Platz haben.

Die in Buchs ansässigen Schulen – die Volksschule, die privaten Alternativen dazu, die Berufsschule wie auch die Fachhochschule – leisten einen grossen Beitrag dazu. Mit dem geplanten Campus Buchs stehen den letzten beiden grosse und positive Entwicklungen bevor.

Was ich generell vermisse, ist mehr Reflexion. Besonders die Volksschule erlitt in den vergangenen zwanzig Jahren so viele Reformen, dass es schon prinzipiell unmöglich ist, deren Auswirkungen festzustellen, geschweige denn deren Erfolg oder Misserfolg. Da die Schule keine Kinderaufbewahrungsanstalt (wie die historischen Vorgänger der Kindergärten tatsächlich hiessen) sondern eine Ausbildungsstätte mit hochgesteckten Zielen ist, misst sich ihr Erfolg am Erreichen dieser Ziele, welche aber überhaupt nicht in Zahlen ausgedrückt werden müssen. Es ist klar, dass diese Ziele individueller als früher geworden sind, und auch dass die Liste dieser Ziele um einiges länger wurde. Aber leider beobachtet man – entgegen manch anderslautenden Behauptungen – dass fundamentale Kulturtechniken wie Lesen, Schreiben und Rechnen von vielen Schulabgängern nicht beherrscht werden. Fände man das in Ordnung („braucht man heute alles nicht mehr“), so müssten die Ziele neu definiert werden, anstatt dass nach dem Aufdecken mangelhafter Leistungen fadenscheinige Ausreden hervorgebracht werden. Ich finde diese Mängel bei diesen ganz grundlegenden Techniken aber nicht in Ordnung, und einiges, was da im Argen liegt, kann lokal angegangen werden.

Konkret finde ich folgende Ideen diskussionswürdig. (Das Thema Bildung ist so umfassend und mir auch von Berufs wegen so nahe, dass es sich hier nur um eine knappe Auswahl handelt.)

Attraktive Bedingungen für Lehrerinnen und Lehrer. Gute Bildung bedingt gute Lehrerinnen und Lehrer. (Wann eine Lehrerin oder ein Lehrer „gut“ ist, ist natürlich eine für sich interessante Frage, die hier ausgeklammert werden soll. Vermutlich sind diejenigen „gut“, bei denen ein pädagogisch halbwegs informiertes Publikum beim reinen Zuschauen einstimmig bestätigend nicken muss. Es ist schwierig in Worte zu fassen.) Sowohl für die Suche nach neuen wie auch zum Behalten bisheriger guter Lehrer und Lehrerinnen müssen die Anstellungsbedingungen attraktiv sein – in allen Bereichen. Wichtiger als Lohn und Infrastruktur ist die Auslastung. Die Schule Buchs als grosse Arbeitgeberin kann mit gutem Beispiel vorangehen und zum Beispiel ein 80/20-Modell einführen (20% der Arbeitszeit steht zur freien Verfügung). Gerade Lehrerinnen und Lehrer brauchen enorme Kreativität, und für diese ist bei zu grosser Auslastung einfach kein Platz mehr. Weiter sollen Lehrerinnen und Lehrer von möglichst viel administrativem Kram verschont bleiben und sich auf das konzentrieren, was sie wohl am liebsten machen und am besten können, nämlich unterrichten mit allen Facetten, insbesondere auch Beziehungen zu Menschen aufbauen und pflegen. Die Schulleitungen können diesbezüglich viel bewirken.

Digitalisierung. Die Schule Buchs braucht ein umfassendes Verständnis von Digitalisierung. Digitalisierung heisst nicht schnelles Internet, Klassenchat und Tablets für jede Schülerin und jeden Schüler. (Die Materialschlacht mit Geräten, die vermutlich lange vor ihrem natürlichen Ablaufdatum ersetzt werden „müssen“, ist sowieso ein gelebtes Gegenbeispiel zu jeglicher Bildung für nachhaltige Entwicklung.) Wer denkt, coronabedingt sei die Schule nun über Nacht fast vollständig digitalisiert worden, sieht das alles viel zu eng. Digitalisierung muss als grosse gesellschaftliche Umwälzung wie seinerzeit die Industrialisierung verstanden werden. Die sich daraus ergebenden grossen Fragen sind folglich weniger, wieviel Informatik auf welcher Schulstufe unterrichtet werden soll und mit welchen Plattformen denn nun gearbeitet werden soll, sondern viel eher, welche Fähigkeiten in Zukunft gefragt sein werden und wie die heutigen Kinder darin geschult werden können. Und das sind eben genau die Fähigkeiten, die uns Computer nicht abnehmen können und die deshalb auf den ersten Blick gar nichts mit Informatik zu tun haben. (Es sei an dieser Stelle nochmals auf den empfehlenswerten Vortrag von Gunter Dueck verwiesen, vor allem auf die von ihm hier vorgeschlagenen Fähigkeiten, die die Schule vermitteln könnte.)

Positionierung und Berufsstolz. Die Schule Buchs soll sich vorbildhaft positionieren, indem sie und damit auch ihre Lehrerinnen und Lehrer – anders als in der Gesellschaft immer weiter verbreitet – Verantwortung nicht abschiebt, sondern sich auch in umstrittenen Themen positioniert und mit einem gewissen Stolz ihre Rolle wahrnimmt. Das oftmals beklagte seit Jahren sinkende Ansehen von Lehrerinnen und Lehrern und der Hang, es allen Recht machen zu wollen und jegliche Konflikte zu scheuen, gehen Hand in Hand. Unsere Kinder brauchen in den Schulen Menschen, die sie nicht nur vermöge des pädagogischen Handwerks zukunftsfähig machen, sondern auch einfach durch ihre Persönlichkeit. (Ja, nicht jeder oder jede hat diese Persönlichkeit. Und so wie nicht jeder oder jede das Talent hat, Künstler zu werden, ist es nicht jedem oder jeder gegeben, Lehrer oder Lehrerin zu werden. Auch wieder schwierig in Worte zu fassen.)

Kindergerechte Schulhäuser mit kindergerechter Umgebung. Einige Buchser Schulhäuser wurden in den letzten Jahren bereits renoviert, bei anderen steht dies für die kommenden Jahre noch an. Diese Gelegenheiten sollen genutzt werden, kindergerechten Schulraum zu gestalten, und hierzu gehört auch die Umgebung. Sich aufheizende Schulzimmer in Kombination mit sich aufheizenden Asphaltwüsten sind in Anbetracht der Prognosen für die nächsten Jahrzehnte sicher nicht zukunftsträchtig, und zweiteres ist auch aus ökologischen Gründen ein Unding. Gerade bei der Umgebungsgestaltung eines Schulhauses ist doch der zentrale Punkt, dass die Kinder in den Pausen und in ihrer Freizeit fantasievoll spielen können, und nicht etwa, dass es möglichst ruhig ist, möglichst nichts schmutzig wird und eigentlich hauptsächlich niemand Aufwand hat. Zudem ist auch für Lehrerinnen und Lehrer Raum zum Denken, Erholen und sich Austauschen notwendig.

Auswertung von Fördermassnahmen. Ein bedenklich hoher Anteil der Schülerinnen und Schüler der Volksschule nimmt Fördermassnahmen in Anspruch, was verschiedenartige Fragen aufwirft. Eine Schule, deren zentrales Interesse die Bildung ihrer Abgänger ist, muss diese Massnahmen unvoreingenommen auf ihren Erfolg prüfen und sich bei dessen Ausbleiben etwas Neues überlegen.

Umgang mit Hochbegabten. Hochbegabte Schülerinnen und Schüler brauchen spezielle und individuelle Unterstützung, ohne welche die Wahrscheinlichkeit zunimmt, dass ihr enormes Potential verkümmert. Da Hochbegabte von ihresgleichen am besten verstanden werden, ist eine Förderung in Form von Mentoraten durch externe Experten vermutlich am zielführendsten. Hochbegabte im hier verwendeten Sinn sind äusserst selten, weswegen sich die Schule Buchs das bestimmt leisten kann. (Ich verwende hier nicht die heute gebräuchliche Definition „hochbegabt sind die leistungsstärksten 2%“, sondern denke eher in der Grössenordnung von 0.1% – es sind nämlich diese Kinder, die ohne geeignete Massnahmen Opfer des Systems zu werden drohen.)

Integration. Die Handhabung von Integration ist komplex. Das für mich wichtigste Prinzip ist, dass Integration ein Ziel, nicht aber eine Methode sein kann. Etwas überspitzt formuliert: Möglichst verschiedene Kinder in eine Klasse zu stecken und „Integration“ draufzuschreiben funktioniert wohl in den allermeisten Fällen nicht. Wenn aber die einzelnen Kinder (oder einzelne der Kinder) vorgängig in gewissen Bereichen spezielle Unterstützung erhalten können, so dass ihnen das Aufholen allfälliger Defizite ermöglicht wird und sie nachher mit ganz verschiedenen anderen Kindern zur Schule gehen – erst dann können sie wirklich integriert sein. Kinder merken doch, wenn sie in gewissen Bereichen „anders“ als ihre Klassengspänli sind; wer dauernd eine Sonderbehandlung erhält, fühlt sich bestimmt nicht integriert. Und darum muss es doch gehen: Dass sich jedes Kind integriert fühlt, nicht, dass wir von aussen jedes Kind als integriert klassifizieren. Konkret kann man diese Ideen in der Form eines Einschulungsjahres umsetzen.

Unterstützung von Privatschulen. Mit der International School und der Scuola Vivante gibt es in Buchs zwei Privatschulen, die das Schulangebot sehr wertvoll bereichern und zwar für ganz unterschiedliche Klientele. Diese Vielfalt gilt es in jeglicher Hinsicht zu unterstützen.